„Wenn wir uns überlegen, wie wir in Zukunft miteinander leben wollen, müssen wir uns zuerst bewusst Gedanken darüber machen, wie wir miteinander reden wollen. (Olivera Stajić, 8.1.2019)“ (derstandard.at)
Mit dem schönen Zitat beendet Olivera Stajić die Einleitung zu ihrer neuen Kolumne ‚Gemišt‘ beim Der Standard.
Mit dabei Udo Stiehl von Floskelwolke (bei Prognose 2):
„Prognose 2: Die Sprache der Abgeordneten wird noch mehr von knackigen Kurzaussagen geprägt sein, die sich gut für Schlagzeilen und Twitternachrichten eignen.
Allerdings darf bezweifelt werden, ob Vereinfachungen den Diskurs wirklich nach vorne bringen, meint der Kölner Journalist Udo Stiehl. Leider. Auf seiner Seite Floskelwolke.de analysiert er den Sprachgebrauch der Volksvertreter:“ (deutschlandfunkkultur.de)
Stimmt so nicht, denn floskelwolke.de ist eine Baustelle:
Screenshot der Internetseite floskelwolke.de am 09.01.2019
Da hat wohl jemand nicht nachgeguckt, auf floskelwolke.de…
Der Floskelwolke-Tweet funktioniert hingegen super und ist unterhaltsam:
Udo Stiehl von Floskelwolke sieht im Beitrag das Political Framing (Deutungsrahmen) als prägendes Element der politischen Sprache für das Jahr 2019.
Nicht so schön finde ich jedoch den Deutungsrahmen, den das Feature auf Deutschlandfunk Kultur setzt: Verbalschlachten, rhetorische Kriegsführung und als Abschluss:
„Wir freuen uns, dass es nach Jahren der politischen Phrasendrescherei mal endlich wieder so richtig zur Sache geht: Politik ist Kampfsport – hat Helmut Schmidt gesagt.“ (deutschlandfunkkultur.de)
Politik als Kampfsport?
Ich hoffe nicht…
Apropos:
Deutungsrahmen (Political Framing)
Dass das Political Framing immer bekannter wird, ist eine gute Sache.
Durch einen Google-(un)Zufall bin ich bei einem leider immer noch sehr aktuellen Artikel auf politik-kommunikation.de zu dem Thema aus dem Jahr 2017 gelandet.
„Bei politischem Framing aktiviert eine bestimmte Wortwahl Assoziationen, Gefühle überlagern das rationale Denken. Welcher Partei gelingt es im Wahlkampf am besten, Bilder in den Köpfen der Wähler hervorzurufen? Neurolinguistin Elisabeth Wehling hat für p&k Zitate von Politikern analysiert.“ (politik-kommunikation.de)
Versteckt in der Sendung ‚Lesart‘ beim Deutschlandfunk Kultur gibt es eine Reihe zu Wörtern, die besondere Beachtung und Betrachtung bekommen: Kalt-Deutsch
„Das Wörtchen „eigentlich“ tut exakt, was es sagt: Es zieht eine Grenze zwischen „eigen“ und fremd, zwischen dazugehören und nicht-dazugehören. Es wird im Kontext der Herkunftsfrage zu einem subtil rassistischen Partikel. Nützlich und verräterisch in einer politisch korrekten Welt, in der man nicht rassistisch ist, es, ich unterstelle Gutes, nicht sein will, es vor sich selbst nach bestem Wissen und Gewissen nicht ist. Nur dass dann beim Fragen ein „eigentlich“ mit aus dem Mund schlüpft und die Denkungsweise verrät.“ (Ulrike Draesner)
Im letzten Teil der Reihe SprachKritik beim Deutschlandfunk geht es sehr philosophisch zu. Interessant im Gespräch finde ich die Meinung zum Konzept des Political Framing.
In meinem eBook beschäftige ich mich mit unserer Sprache und wie wir mit scheinbar neutralen Wörtern mittelbar (indirekt) diskriminieren.
Mein Argument dabei ist, dass eine solche mittelbare sprachliche Diskriminierung sehr oft durch eine unreflektierte Nutzung von Worten passiert. Im schlimmsten Fall führt das dazu, dass wir Dinge sagen, die ein komplettes Gegenteil sind von dem, was wir kommunizieren wollen.
In dem Beispiel entpuppt sich die ‚gutgemeinte‘ sprachliche Repräsentation eines Ereignisses bei genauerer Betrachtung als Ungleichbehandlung (Diskriminierung). Eine Diskriminierung, weil die Worte das Aussehen von Menschen mit einem Inländisch- und Ausländisch-Sein verbinden.
Worte reflektieren die Gedanken von Menschen. In dem Beispiel das unbewusste Denken der Person, die die Nachricht verfasst hat.
Woher kamen die Gedanken und damit Wörter? Wo kommt die Idee her, dass die physische Erscheinung von Menschen Rückschlüsse auf die Nationalität zulässt? Wieso verfügt ein Mensch über unbewusste Denkmuster (Aussehen = in- oder ausländisch), die der bewussten Denkweise oder einem Leitbild (à la Aussehen spielt keine Rolle) widersprechen?
Unconscious oder Implicit Bias
Eine Erklärung für das Zustandekommen einer unbewussten kausalen Verbindung von Aussehen und Nationalität bieten die Konzepte, die im Englischen als ‚unconscious bias‘, ‚implicit bias‘ oder ‚implicit stereotype‘ bezeichnet werden.
Der englische Wikipedia-Artikel zu dem Konzept ist ein guter Startpunkt:
‚Unconscious bias training‘ ist Bestandteil beim Diversity Management und besonders wichtig für Personen, die im Personalwesen (HR, Human-Resources) andere Menschen beurteilen.
„Doch auch Menschen mit Migrationshintergrund müssen sich bewusst sein, dass sie gegen keine dieser Ursachen für Diskriminierung per se gefeit sind. Ein wenig Selbstkritik und Selbstreflexion ist daher angebracht.“ (Cigdem Toprak, tagesspiegel.de)