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Gendern & Gendering

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich letzten Freitag (gestern) getroffen und entschieden, das Gendern weiter zu beobachten und vorerst keine Empfehlungen in Bezug auf das Binnen-I, den Gender-Gap, das Gender-Sternchen und der deutschen Rechtschreibung auszusprechen.

Viele Artikel kommentieren heute diese Entscheidung.

Mein Best-Of

Zwei Beiträge gehören zu meinem Best-Of in der Debatte.

Erstens: das unaufgeregte Interview von Deutschlandfunk Kultur mit Henning Lobin, Mitglied des Rats und Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim, das auch Geschäftsstelle des Rats für deutsche Rechtschreibung ist:

In dem Interview sind mir zwei Aussagen aufgefallen:

  1. Der Rat beschäftige sich nur mit der Orthografie (Rechtschreibung) der deutschen Sprache. Dies betrifft in erster Linie Menschen in der Schule, wo das Gendern oder Gendering weiterhin ein Rechtschreibfehler ist. Es steht allen anderen Menschen jedoch frei zu Gendern, wenn sie möchten.
  2. Bei ca. verbleibender Spieldauer 5:23 :

“ …wo werden z.B. keine geschlechtergerechten Formulierungen benutzt, das ist z.B beim Journalismus….“ (Henning Lobin)

Und diese letztere Aussage leitet direkt über zu zweitens. Einen Kommentar von Pascal Becher, der meine Einstellung und die meines eBooks widerspiegelt:

Jetzt kann „man“ sagen: „Ist halt so.“ Die „anderen“ sind ja irgendwie auch „mitgemeint“. So argumentieren beispielsweise wir Medien gerne, um umständliche Wortkonstruktionen wie „Lehrer*in“, „Lehrer_in“ oder „Lehr_er_in“ zu vermeiden. Was wir uns dann aber auch eingestehen müssen, ist, dass wir ausgrenzend und unpräzise formulieren…“ (Pascal Becher, pfaelzischer-merkur.de)

Das ist genau meine Position. Das Gendern ist eine Strategie, um das generische Maskulinum und damit das Mitmeinen von Frauen zu vermeiden. Denn das generische Maskulinum ist nicht inklusiv (es ist ausgrenzend) und nicht korrekt (es ist unpräzise). Sprachliche Gleichbehandlung und das generische Maskulinum sind einfach nicht kompatibel.

Dass das im Jahr 2018 bei vielen Medienmachenden immer noch nicht angekommen ist…

Auch der weitere Kommentar spricht mir aus dem Herzen:

„„Umständlich“ ist zudem ein schwaches Argument, um Ungerechtigkeit zu rechtfertigen. Und „elitär“ ist an Debatten über unsere Sprache sowieso nichts. Es ist die Basis unseres Zusammenlebens. Außerdem müssen ja Sternchen, Binnen-I und Unterstrich nicht das letzte Wort sein. Richtende, Laufende oder Trinkende geht ja auch.“ (Pascal Becher, pfaelzischer-merkur.de)

Bravo! Denn bei der Gender-Rechtschreibung-Debatte vergessen viele Personen, dass sehr oft geschlechtsneutrale Formulierungen möglich sind. Z.B: Lehrende, Chirurgie-Team, Wissenschafts-Team, Forschende, Arbeitnehmende, Fachleute…

Meine Meinung

So wie ich sie auch ein meinem eBook vertrete, ist: das generische Maskulinum ist nicht mehr zeitgemäß und nicht geeignet für eine inklusive und korrekte Sprache.

Es ist nicht inklusiv, weil es ausgrenzt. Es ist unkorrekt, weil es komplexe Wahrnehmungen und Realitäten nicht adäquat repräsentiert.

Darüber hinaus deutet die Forschung im Bereich der kognitiven Linguistik und der Neurolinguistik darauf hin, dass Sprache und damit das generische Maskulinum unser Denken strukturiert und beeinflusst.

Wir müssen weg vom generischen Maskulinum. Manchmal halt mit zusätzlichen Hilfsmitteln wie den Unterstrichen (Gaps), den Sternchen, den Binnen-Is oder der doppelten Nennung.

Aber: geschlechtsneutrale Formulierungen, wann immer möglich, sind die beste Lösung.